Puh, ist das heiß heute - und jetzt noch Yoga???

Gib zu, den Gedanken hattest du auch schon mal auf dem Weg zur Yogastunde oder bevor du zu Hause deine Matte ausgerollt (oder dann nicht ausgerollt) hast! Heute ist auch genau der richtige Tag, um diesen Blogartikel zu verfassen - 35 Grad, und in den Yogakursen waren deutlich mehr Leute entschuldigt als anwesend. Nicht alle wegen der Temperatur, aber doch einige! Sollte man Yoga üben, wenn es so heiß ist? Oder sollte man lieber die Beine hochlegen?

Ich würde sagen, beides ist richtig - man kann es sogar miteinander kombinieren :-)

Auf jeden Fall sollte man auf sich hören, wenn einem bei diesen Temperaturen nicht nach maximaler Anstrengung ist, denn die wäre nicht gesund: Große Hitze ist alleine schon eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System, zu schweißtreibende Aktivitäten sollte man deshalb besser auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Sich gar nicht zu bewegen ist aber meist auch nicht die beste Lösung - sanfte Bewegung ist besser geeignet als Herumliegen, um das Herz-Kreislauf-System zu stabilisieren. Also - das Üben nicht weglassen, sondern anpassen!

Wenn möglich, ist es schon mal besser, morgens oder abends zu üben und nicht in der maximalen Hitzephase. Ruhige, nicht zu anstrengende Bewegungsabfolgen im Wechsel mit gehaltenen und eher entspannenden Asanas sind für den Kreislauf am besten. Die Bewegungen sollten langsam und fließend sein und immer in Verbindung mit dem Atem - so merkt man auch gleich, wenn es zu anstrengend wird, und kann eine Pause zum Beispiel in der Kindstellung einlegen. Schweißtreibende Bewegungsabfolgen wie den Sonnengruß 2 ersetzt man besser durch den sanfteren Sonnengruß 1 oder Sequenzen im Vierfüßlerstand. Auch aktive Rückbeugen sollte man weglassen, sie wirken sehr aktivierend und erhitzend - diese kann man durch passive Rückbeugen wie im Yinyoga (siehe Foto) austauschen.

Ganz allgemein kann man sagen, dass bei Hitze alles gut ist, was den Blut- und Lymphfluss in den Beinen unterstützt - auch wenn man nicht zu sichtbar dickerwerdenden Knöcheln oder Waden neigt, fühlt man sich nach diesen Übungen meist leichter und beschwingter. Eine wunderbare und entspannte Umkehrhaltung ist Viparita Karani, der unterstützte Schulterstand: Du  legst dich auf den Rücken und streckst die Beine (im Idealfall an eine Wand angelehnt) senkrecht nach oben, das Gesäß liegt dabei etwas erhöht auf einem Kissen. So kannst du auch mehrere Minuten bleiben, wenn es angenehm ist - noch effektiver wird die Übung, wenn du dabei Fußübungen machst (Zehen krallen/spreizen, Füße strecken/flexen, Füße kreisen). Nicht alle Umkehrhaltungen sind aber automatisch gut bei Hitze - der Kopfstand wirkt erhitzend und sollte eher nicht geübt werden. Auch wer zu Bluthochdruck neigt oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat, sollte gut in sich hineinspüren, wie viel Kopf-nach-unten okay ist, auch wenn die Position sehr entspannt ist.

Sehr gut geeignet bei hohen Temperaturen sind auch Vorwärtsbeugen, da sie kühlend und beruhigend wirken. Im Sitzen finde ich diese deutlich angenehmer als die häufig empfohlene stehende Vorwärtsbeuge, da der Kopf nicht nach unten hängt, was ich persönlich nicht so gerne mag, wenn es heiß ist - man kann den Kopf im Sitzen sogar auf einem Kissen ablegen. Ebenfalls angenehm ist eine Dehnung der Beininnenseiten wie im Schmetterling  oder in der Grätsche. In möglichst vielen Übungen versuche ich Fußübungen zu integrieren, um die Venendrainage zu unterstützen.

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass man das Aufwärmen weglassen kann, wenn einem sowieso schon heiß ist - es geht zwar schneller, aber man muss die Muskeln trotzdem vorbereiten, bevor man in tiefere Dehnungen geht. Aber tatsächlich sind die Muskeln und Bänder bei Hitze flexibler und weicher, und man kommt in manchen Positionen vielleicht weiter als sonst.

Wichtig ist natürlich, genug zu trinken - bzw. schon genug getrunken zu haben, bevor man in die Yogastunde kommt. Nicht so gut ist es, dehydriert anzukommen, direkt vor dem Yoga eine Flasche Wasser reinzukippen und sich mit dem „Wasserbauch“ ans Üben zu machen :-) Besser versuchst du daran zu denken, über den ganzen Tag verteilt ausreichend Flüssigkeit zu dir zu nehmen, und trinkst dann vor, während und nach der Yogastunde in kleinen Schlucken, soweit nötig.

Allerwichtigster Tipp für Yoga bei Hitze: Ohne Ehrgeiz üben!! Spür in dich hinein, mach nur, was gerade angenehm ist. Schneller- höher- weiter ist NIE der Sinn von Yoga, aber wenn es heiß ist, noch viel weniger. Ausgerechnet heute, wie passend, hat mir eine Teilnehmerin eine Karte mit einem wirklich coolen Spruch geschenkt: „Wenn ich beim Yoga die Kerze nicht schaffe, mache ich einfach das Teelicht“ - lass das zu deinem „Yoga bei Hitze“-Motto werden, dann kannst du beruhigt bei jeder Temperatur in die Yogastunde kommen ;-)